Und jetzt ist auch noch Hunter S. Thompson tot. Der Nachruf-Thread bei MetaFilter ist angemessen, Stellen wie diese sprechen mir aus der Seele:
I've been a Hunter fan for years even though I also curse him for thousands of crappy, unskilled writers that used his "gonzo journalism" tag as an excuse for bad writing.
Und so weiter, alles deprimierend. In stillem Aberglauben verzichte ich darauf, mit einem "Wenigstens leben... noch" die wenigen noch lebendigen meiner Lieblingsautoren aufzuzählen - das gehört wohl dazu, wenn man literaturgeschmacklich irgendwo zwischen den 50ern und den 70ern hängt. Meine Klassenkameraden halten sich mit dem Sterben ziemlich zurück, erst sind meine Autoren dran.
Mit 12 oder so war ich ein großer Fan von Kishon und habe alles von ihm gelesen, bis auf "Entschuldigung, wir haben gewonnen" oder wie das hieß, das fand ich doof.
Fünf Jahre später wurde ich einmal (wegen Hut und langen Haaren, die nicht wie Stirnlocken aussahen) für einen orthodoxen Juden gehalten und dementsprechend angepöbelt, einer der Gründe warum ich Alzeyer für besonders blöde halte und wirr assoziierter Anlass die Bücher nochmal zu überfliegen.
Seitdem habe ich beschlossen, dass Kishon nicht mehr so mein Fall ist, aber das alles musste mal gesagt werden.
Irgendwie muss man sich die Zeit beim Kaffeemalen vertreiben, und in den letzten Wochen half mir dabei vor allem eines: Don Alphonsos Rebellen ohne Markt. Angenehm häufig lästert er dort, nicht unbedingt außergewöhnlich abwechslungsreich, doch mit einem angenehmen Stil, vor allem über Elite-Studis, die New-Economy und Berlin - irgendwie hilft mir die tägliche Dosis Zynismus beim Wachwerden.
Einen Roman zu diesen Themen (abzüglich Berlin) hat er auch geschrieben, yadda yadda yadda, Büchergutschein, yadda, und außerdem ist es gebunden, also kann man das riskieren, denn im schlimmsten Fall kann man noch Leute damit hauen, mit einem Taschenbuch geht das nicht. Nicht so gut.
Große Literatur ist es nun wirklich nicht, aber angenehm zu lesen, und gerade das zählt ja, wenn man gerade eine Erkältung bekämpft. Die Charaktere sind flach und bis auf eine Ausnahme zutiefst unsympathisch und hassenswert - glücklicherweise geht ein großer Teil im Lauf des Buches drauf. Die relativ einfache Handlung ("drei Typies killen sterbende Dotcoms, um das Geld ihres Chefs zu befreien und machen sich dabei Feinde") stört nicht weiter, was mir gefallen sind vor allem Stil und Atmosphäre. Überraschenderweise sterben die Dotcom-Klitschen allesamt relativ schnelle Tode, nur wenige Seiten, die langwierigen Recherchen bleiben einem erspart. Ansonsten treiben die Protagonisten durch langsam zerbröselnde Munich-Area, werfen sich Drogen verschiedener Art ein, haben unspektakulären Sex und sterben. Oder auch nicht, aber im Großen und Ganzen ist das ziemlich egal.
Ich mag dieses Buch, auch wenn der Don ein besserer Blogger als Romancier ist, aber wenn ich's nicht billiger bekommen hätte würde ich mich vielleicht ärgern (genaugenommen 10 Cent billiger, das ist das, was von meinem Gutschein nach dem anderen Buch noch übrig war und nicht verfallen durfte). Und nun, im Anschluss, etwas positiveres: William S. Burroughs, Nova Express. Trilogie fertig kriegen und so...
Nachtrag: Der Burroughs schlägt auf meinen Stil durch, allerdings nicht durch simple Kühlschrank/Milch/Geruch-Kausalitäten.